Zauberauftritt mit Aussicht auf ein Praktikum

„Ursprünglich haben wir über ganz normales Table Hopping gesprochen. Ich sollte bei der Weihnachtsfeier von Tisch zu Tisch gehen und die Leute unterhalten – keine wirklich außergewöhnliche Buchung. Letztendlich war dieser Auftritt aber alles andere als Standard.

Als ich mit Herrn Peters, der mich für die Weihnachtsfeier seiner Anwaltskanzlei gebucht hatte, telefoniert habe, sind wir auf eine spannende Idee gekommen: Was, wenn wir den Mitarbeitern nicht verraten, dass ich Zauberkünstler bin. Sagen wir doch einfach, ich bin der neue Praktikant. Ich wurde also als neuer Mitarbeiter auf die Feier eingeschleust. Im Vorfeld hat mir Herr Peters noch einige Informationen über die Firma gegeben, die neuesten Projekte kurz beschrieben und erklärt, wer die anderen Partner sind. Mit diesem Wissen und der Erfahrung aus meiner Arbeit beim Finanzamt (mit Steuerrecht kenn ich mich daher wirklich gut aus) bepackt, bin ich ihm Festsaal angekommen.

Andi von Enjoy Magic
Andi von Enjoy Magic

Meinen Koffer mit den Kartendecks und Effekten habe ich vorher im Restaurant deponiert, damit niemand etwas mitbekommt und hab mich dann unter die Leute gemischt. Gleich am Anfang bin ich zu meinem „zukünftigen“ Abteilungsleiter, dem ich als neuer Praktikant vorgestellt wurde. Dabei war die Geschichte, die ich ihm erzählt habe, wirklich wasserdicht: Bisher hätte ich Praktika bei verschiedenen Steurkanzleien, vor allem im Raum Starnberg, gemacht, möchte jetzt noch etwas Arbeitserfahrung sammeln und dann Steuerrecht studieren. Der Abteilungsleiter war begeistert! Für meine Geschichte habe ich versucht, diese so weit es ging an die Realität anzulehen, um mich nicht zu verhaspeln. Das hätte nämlich leicht passieren können. Als ich von meinen Praktika erzählt habe, kam natürlich sofort die Rückfrage, bei welchen Kanzleien genau ich gearbeitet hätte. Aufgrund meiner Arbeit konnte ich die entsprechenden Firmen beim Namen nennen und alle waren zufrieden mit der Antwort.

Wie in jeder anderen Branche kennt man sich untereinander.  Irgendwann ist dann die Frage aufgekommen, was genau ich hier in der Kanzlei mache. Wie bereits erwähnt hatte mich Herr Peters in die neuen Projekte eingeweiht und ich konnte hier souverän anworten: „Während meines Praktikums bin ich im administrativen Bereich und unterstütze die Kollegen.“ Mit dieser Antwort waren alle zufrieden. Wirklich spannend wurde es dann, als ich immer wieder merkwürdige Themen ins Gespräch eingebaut habe. Beispielsweise habe ich von den Sicherheitslücken eines iPhones erzählt und mit einem meiner Lieblingseffekte das iPhone eines Mitarbeiters gehakt. Außerdem habe ich von der „Steuererklärung-To-Go“ geschwärmt und Steuervordrucke mit einer Handbewegung in Geldscheine verwandelt. Spätestens ab diesem Zeitpunkt haben sich einige der Gäste gefragt, was hier eigentlich los ist. Dazu kam noch die Tatsache, dass ich wirklich zu jedem Tisch im Raum gegangen bin um mich „vorzustellen“ (natürlich um für die Gäste zu zaubern, aber die Geschichte sollte ja rund bleiben). Anscheinend ist es heutzutage für einen Praktikanten nicht üblich, sich mit all seinen Kollegen gleich am Anfang bekannt zu machen. Viele haben angefangen zu tuscheln und sich wohl gefragt, was ich für ein außergewöhnlicher Typ bin.
Andi von Enjoy Magic
Andi von Enjoy Magic
Zuletzt habe ich dann noch einen der Partner der Kanzlei von meinen Fähigkeiten als Praktikant überzeugt. Wie alle anderen, wusste er von nichts. Letztendlich war auch er begeistert und hat sich gefreut, dass ich ab jetzt bei ihnen mitarbeite – na ja, nicht ganz 🙂
Irgendwann konnte Herr Peters das Geheimnis um den Praktikanten nicht mehr für sich behalten und ich wurde enttarnt. Trotzdem hat es bei manchen der Gäste wirklich lange gedauert, bis sie erkannt haben, dass hier etwas nicht mit rechten Dingen zugeht. Viele dachten einfach, ich sei der Neue, der in seiner Freizeit zaubert. Da meine Effekte aber zunehmend professioneller und beeindruckender wurden, haben sie auch an dieser Theorie gezweifelt.

Nach einiger Zeit war dann aber jedem klar, dass ich als Zauberkünstler gebucht war und rein gar nichts mit dem neuen Projekt zu tun hatte. Trotzdem konnte ich die Gäste weiter begeistern und mit meinen Effekten faszinieren. Im Nachhinein kann ich sagen, dass diese Aktion eine wirklich interessante Dynamik erzeugt hat. Die Geschichte hat gut gepasst und war glaubwürdig, die Leute hatten etwas zum Reden und es wurde gerätselt, was bei dem Ganzen nicht stimmen kann. Für mich war es ein unglaublich spannender, aber zeitweise auch nervenaufreibender Auftritt. Schließlich musste ich mich nicht nur auf meine Effekte konzentrieren, sondern auch darauf, nichts Falsches zu sagen. Ein ungewöhnlicher und dadurch wirklich faszinierender Abend. Ich frage mich nur, wer jetzt wohl meine Praktikumsstelle bekommen hat…“

Andi von Enjoy Magic

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